Schwarz-weiß
OKWUI ENWEZOR / MONA HATOUM im Gespräch im Rahmen von MP6, Meeting Points, Contemporary Art Festival from the Arab World, 14.01.2012, Haus der Kulturen der Welt, Berlin
'Zivilgesellschaft
und Kunst' – eigentlich sollte dies Thema des Vortrags werden. Ob das
Thema verfehlt oder doch eingelöst wurde, ist Ansichtssache oder zeigt
das 'weite Feld', das die Pole 'Kunst' und 'Politik' markieren. Okwui
Enwezor schätzt an der Kunst Mona Hatoums besonders die politische
Bedeutung ihrer Kunstwerke. Hatoum beantwortet Enwezors Fragen nach der
Entstehung ihrer 'politischen' Kunstwerke mit privaten Gründen, die sich
außerdem aus der aktuellen Situation ergaben, nicht aus einem
übergeordneten Plan. Parallel zum Gespräch werden Schwarz-weiß-Fotos von
Hatoums Performances aus den späten 1970er und frühen 1980er Jahren
hinter die Diskutanten projiziert. Diese Performances zeigen eine
radikale Bildsprache, die durch die schwarz-weiße Dokumentation noch
unterstrichen wird.
Der Sprengstoff der Bilder wird durch Hatoums Antworten nicht zur
Detonation gebracht. Denn natürlich, das ist eine Maxime des
Kunstschaffens, möchte Hatoum ihre Kunst 'offen' gestalten und nicht nur
politisch gelesen wissen. So liegt der Schwerpunkt des Gesprächs auf
der Kunst Hatoums, bleibt im Privaten und Künstlerischen verhaftet und
schafft nicht den Sprung in gesellschaftspolitische Fragestellungen. Gute
Kunst steht ja auch per se an der Schnittstelle zwischen Privatem und
Politischem. Hätte Hatoum eine rein politisch motivierte Kunst
geschaffen, würde sie wahrscheinlich keine Anerkennung als Künstlerin
gefunden haben. Gerade dass Kunst die Pole zwischen Privatem und
Politischem austarieren muss, macht diese interessant und enttäuscht
dann wiederum aber auch die, die sich hinter der lockenden ästhetischen
Fassade eindeutige und klare Antworten erhoffen.
Das Festival selbst, das die Kunst der arabischen Welt in den Fokus stellt, hat eine politische Komponente. Intendant
Bernd Scherer benennt in seiner Einführung zum Gespräch die
gegenläufigen Tendenzen, die die Aktualität des Festivals ausmachen:
Während in der arabischen Welt die Demokratie wächst, schrumpft sie in
Europa. Politische Entscheidungen werden weniger öffentlich gefunden.
Schuld daran sind Faktoren wie Finanzkrise und die Zentralisierung auf
Brüssel. Diese aktuellen Bezüge hatten sich in der Planungsphase des
Festivals noch nicht abgezeichnet.