Alle Rezensionen (nach Datum)
KreativASTA GRÖTING, Familienwerkbänke, 19.03. – 23.04.2011, Galerie carlier | gebauer, BerlinWelchen Wert genießen Hobby, Kunst und Kreativität in unserer Gesellschaft? 14 Tische und Werkbänke stehen im Raum. Teilweise sind sie mit Utensilien wie Nähmaschinen oder Zeichenschienen bestückt. Teilweise sind sie leer. Eltern von Künstlern und Kulturschaffenden benutzten die ausgestellten Werkbänke für eine der Kunst nahe liegende Tätigkeit, die entweder im angewandten Bereich lag oder nur Hobby war. Die Eltern "werkten" nicht nur, sie malten, arbeiteten beruflich grafisch, schrieben Poesie. Die Informationen, wie, warum und wann die Eltern die Werkbänke nutzten, sind auf kleinen Ausstellungstafeln zu lesen, aber leider nicht im Internet zugänglich. Die Qualität einer beruflichen Tätigkeit wird heute auch an der Möglichkeit gemessen, sich kreativ einzubringen. Grötings Familienforschung der Kreativität liefert zu dem aktuellen Thema einen Beitrag.
KollektivgedächtnisCARSTEN FOCK, Kosmos der Angst, 26.02. – 16.04.2011, Galerie September, BerlinKunst als Musikstück mit einer Melodiestimme aus Malerei vor einem Hintergrundrefrain aus S/W-Fotografien. Kunst zeigt kollektives Gedächtnis: S/W-Fotografien, die historisch wirken, Malerei, die mit großer subjektivistischer Geste antritt, dabei aber anonym bleibt. Bilder, die austauschbar wären. Ein Blick auf unsere Kulturgeschichte, auf unser Bild von Bildern, auf ein zeitgemäßes Heimatmuseum. Die Fotografien beziehen sich auf die 1970er und 1980er Jahre. Die gemalten Bilder hängen an Holzstützen, die im Raum stehen. Die Malerei ist gut gemacht, genialisch, giert nach Aufmerksamkeit, wird aber von der Bildertapete in Schach gehalten. Auch die Fotos bleiben allgemein, werden nicht persönlich, wirken als Masse, nicht als Einzelbild. Fotografie und Malerei stehlen sich gegenseitig die Schau. Die Malerei offenbart große Gefühle und Gesten, die sich selbst entlarven. Keine Botschaft oder Aussage wird deutlich. Wir sehen ein Archiv.
GeformtNAIRY BAGHRAMIAN, Formage de tête, 29.04 – 25.06.2011, Galerie Daniel Buchholz, BerlinAlles wurde Form: Tafeln mit Angaben zum Werk, Textblatt, sonst kuratorisches Beiwerk, mauserten sich hier zum gleichwertigen Exponat. Der Prozess des Formgebens geschieht ständig auf individueller wie gesellschaftlicher Ebene und kennzeichnet die Arbeit des Künstlers, der aus Gedanken Materie formt. In der Galerie stehen entspannte Tische, deren biegsame Gummiplatten sich auf den Untergestellen räkeln. Dinge hinterließen auf ihnen ihre Abdrücke bei der Produktion, dem Gießen. Die Tafeln listen diese Dinge exakt auf. Die Gussformen selbst stehen neben den enthemmten Tischen. Der Text spannt einen Bogen vom philosophischen Bild des sich verweigernden Tisches zu einem französischen Wortspiel, das das Formen als Arbeit des Koches darstellt. Fotos eines "Koches" stehen für den Künstler. In diesem Ausstellungssystem übernimmt jedes Exponat eine Funktion.
ReFormCLAUDIA WIESER, Muster und Formen, 30.04. – 11.06.2011, Galerie Ben Kaufmann, BerlinDie Reformbewegung um 1900 sollte die Gesellschaft auf gute Weise für die Moderne rüsten – und scheiterte darin. Heute drohen Globalisierung, Computerzeitalter, aber niemand will mehr rüsten. Das ist der aktuelle Bezug einer auf die Vergangenheit gerichteten Ausstellung, deren Exponate politische Verweise aussparen. Verwiesen wird auf die Kunstgeschichte: Auf Arts & Crafts und Schwesterbewegungen, bei denen Moral gleich Design war; auf die 1920er und 1980er Jahre; verwiesen wird auf die Kunst: Nicht nur die Videos zeigen, wie die Augentäuschung Perspektive entsteht. Wandfüllende Fotografien, Skulpturen, Grafiken und Videos fügen sich zu einer bühnenartigen Installation, die bis ins kleinste Detail stimmig ist. Die Exponate verweisen aufeinander, auf den Kosmos der Geschichte und formen ein Gesamtkunstwerk.
KopflosKITTY KRAUS, 29.04. – 04.06.2011, Galerie Neu, BerlinTod, Hinrichtung, abgeschlagener Kopf – faszinierende Konnotationen, wenn auch etwas unangenehm. Hauptwerk der Ausstellung ist der Text "Dekaputkapitalisation" zum Thema der Hinrichtung durch die Guillotine. Als Textcollage wechseln sich Passagen im historischen und literarischen Duktus ab. Die Metallskulptur "Es wird behauptet … noch auf habe" bezieht sich auf eine Textstelle und ist ein Zwitter aus Schädelschale und Helm. Die Halogenlampen könnten durch Textexegese auf den fließenden Strom im Gehirn, also das Denken, bezogen werden. Weitere Exponate gibt es nicht, nur den Text. Mit seinen eng gedruckten Fluten ist er so gut wie unlesbar und endet mitten im Wort. Offen bleibt Kitty Kraus' Haltung und Bezug zum angerissenen Thema. Soziologisch? Biografisch? Offen bleibt der Bezug zur Gegenwart.
UtopieTOMAS SARACENO, @ATELIERFRANKFURT, 06.05. – 16.06,2011, AtelierFrankfurt, Frankfurt am MainScience not Art – Tomás Saracenos Kunst entwirft das Bild einer Welt, nach der sich die Menschen sehnen. Saraceno entwirft Utopien einer sonnendurchschienenen Welt ohne Böses. Natur und Wissenschaft sind hier verbunden. Die Neue Welt ist durchsichtig, rein und doch komplex. Alles ist miteinander verbunden, hat seinen Sinn, seine Funktion im großen Ganzen. Eine Utopie der Logik und Naturwissenschaft, die der realen Welt mit ihren undurchschaubaren Krisen und Kriegen diametral entgegensteht. Im Raum ist eine polygonale Form aus sechseckigen durchsichtigen Acrylplatten mit integrierten Sonnenkollektoren imit einem Netz verspannt. Die Annexräume dienen als Lager und Labor für eine beständige Transformation der Ausstellung. Im Video balancieren Menschen eine große Heliumblase auf dem Wasser, mit der Saraceno später abheben wird.
ImmerhinMIROSLAW BALKA, Nonetheless, 30.04. – 25.06.2011, Galerie Nordenhake, BerlinHumor ist, wenn man trotzdem lacht. Der polnische Künstler Miroslaw Balkas spart keine ernsten Themen aus: NS-Zeit, Kindheit, Katholizismus. Doch Balka zeigt seine Objekte exorziert von möglichen Schrecken in einem friedlichen warmen Licht. Die Ausstellungsräume sind mit Wenig bestückt. Das Wenige atmet die Aura des Archäologischen. Es wirkt wertvoll, endlich geborgen, errettet. Ausgestellt sind: ein Backstein, Holzkonstruktionen, Plastiktabletts. Polnischer Humor lässt den Alltag glänzen. Drei gemusterte Plastiktabletts, mit Messingscharnieren verbunden, hängen dekorativ an der Wand. Ein viertes liegt auf dem Boden. Ein Armband für einen riesigen Ritter? Die Tabletts sind aus dem polnischen Kulturministerium, kommunistische Ära. Das Glas Wasser, das auf dem hohen galgenartigen Holzgerüst steht, ist leer, nicht mal halb voll – eine visuelle Fußnote. "Nonetheless", nichtsdestoweniger, immerhin.
KonstruierenTOBIAS PUTRIH, A, H, O, I ! ..., 29.04. – 25.06.2011, Galerija Gregor Podnar, BerlinPutrihs Skulpturen erinnern an Architekturen, aber auch an organische und kristalline Strukturen. Die Titel der Skulpturen bestehen aus nur einem Zeichen und konstruieren gemeinsam den Ausstellungstitel: "A, H, O, I, !, ..." ("Hallo! ..."). Putrih zeigt neben den Skulpturen auch Zeichnungen und Reliefs. Das Gemeinsame ist die Dominanz der Struktur, die sich aus vielen kleinen ähnlichen Elementen ergibt. Dies ist das Prinzip der japanischen Architektengruppe "Metabolisten", auf die sich Putrih neben anderen Utopisten bezieht. Da Putrihs Skulpturen das Funktionale durch das rein Konstruktive ersetzt haben und es keine Referenz zu Sinn oder Funktion gibt, wirken die Skulpturen als ästhetische konstruktive Struktur. Auch die Funktionen von Ameisenhügeln, Bienenwaben oder Spinnennetzen erschließen sich nicht ohne biologische Kenntnisse. Putrihs Skulpturen wirken ähnlich fremd.
AtlantisNINA CANELL, Matter of the Heart, 29.04. – 04.06.2011, Galerie Konrad Fischer, BerlinKunst für Deuter und Denker: Es ist wenig zu sehen. Alles ist durchsichtig (Glas, Acrylglas Wasser) oder kaum vorhanden (weiße Schnüre vor weißer Wand) oder am Verschwinden (durchgelaufene Schuhsohlen, eine Reihung kleiner werdender Glocken und Holzpfosten). Synästhetische Reize: Eine Pflanze vibriert im Rauschen eines Lautsprechers, die Glocken, Noten. Die Exponate können zu einer poetischen Phantasie verleiten. Das Wassermotiv taucht bei den hängenden, mit Wasser gefüllten Glasröhren auf, schwingt leise bei den Holzpfosten mit und erfüllt sich bei den gerahmten Noten: "Neptune, the Mystik". Die Glöckchen mutieren zu Schiffsglocken, die vergeblich unter Wasser läuten. Die Noten bedeuten den Musikern ein Leiser-Werden bis zum Verstummen. Eine Phantasie über Ertrinken, Verschwinden im Nichts.
RealsatireANTON HENNING, Bildschön, 15.04. – 04.06.2011, Galerie Loock, BerlinElefantengraue Rechtecke auf zartgrauer Wand rahmen farbige Malerei. Picasso, van Gogh? Traditionell gerahmt. Der Einsatz von Strukturpaste wurde nicht gescheut. Skulpturen aus einer Sammlung mit Schwerpunkt auf Klassischer Moderne und 1950er Jahre? Hier wird die Ausstellung einer zeitgenössischen namhaften großen Galerie in Berlin beschrieben. Realsatire, aber liebevoll. Henning verzichtet auf ironische Gesten. Er stellt seine Werke nicht bloß, sondern lässt sie einfach sein. Inhalt und Form wagen sich so mutig in die geschmähten Bereiche des bewusstlosen Kitsch der Bildungsbürger vor, dass klar ist: Henning meint es nicht 100 Prozent. Es entsteht ein interessanter Zwischenraum: Malerei über Malerei, Malerei mit soziologischem Blick, als Gesellschaftanalyse, Malerei über unser Kunstleben. Henning ist die Lady Gaga der Malerei.
ABCMARTIN CREED, Paintings, 29.04. – 25.06.2011, Johnen Galerie, Galerie 1, BerlinKlassisch bedeutet Malerei Zweidimensionalität mit Vortäuschung des dreidimensionalen Raumes. Creed führt die dafür nötigen Techniken losgelöst von Sinn und Zweck vor. Seine Bilder zeigen Streifen. Mal formieren die sich zu einem räumlichen Muster, vorzugsweise Rauten, mal gruppieren sie sich zu einem Gebäude. Mit durchnummerierten Bildern imitiert Creed Fließbandproduktion und zeigt so Bad-Painting-Manieren. Malerei hängt er auf Wandmalerei, Streifen auf Streifen. Die Grenze zwischen Hoher und angewandter Kunst ist aufgelöst. Dank Reduktion auf ein ABC der malerischen Techniken Farbauftrag, Pinselstrich und Perspektive wird die Malerei selbst zum Thema. Sehen ist Selbstzweck. Sinn und Inhalt aufgelöst in der Form. Creeds Video "Thinking / Not Thinking" zeigt uns dieselben Themen. Es bleibt Klarheit, Witz, Ästhetik.
ArkadienThe Cannibal’s Muse II, 08.06. – 24.06.2011, Autocenter on location "Based in Berlin", Atelierhaus Monbijoupark, Berlinmit Nader Ahriman, Michael Bauer, Lutz Braun, Katinka Bock, André Butzer, Dadarhea, Verena Dengler, Matthias Dornfeld, Mark Flood, Pink Floyd, Sebastian Hammwöhner, Kalin Lindena, Stefan Müller, Martin Neumaier, Janne Räisänen, Stefan Rinck, Ezra Pound – kuratiert von Max HenryDie Exponate in Max Henrys Schau zeigen alle möglichen Stile aus naher und ferner Vergangenheit, kunsthistorische Verweise, bedienen diesen und jenen persönlichen Geschmack. Sie sind Malerei, Skulptur, Installation, Video, sogar Literatur. Sie hängen oben und unten an den Wänden, stehen auf dem Boden. Sie umspannen zeitlich ein weites Spektrum. (Das Gedicht "Homage to Sextus Propertius I", 1919, von Ezra Pound erweitert das Spektrum deutlich.) Worum geht es Max Henry, der eine Aussage zur zeitgenössischen Kunst machen will? Nicht um Stil, Medium, Machart, Inhalt oder Präsentation. Gerade die Beliebigkeit dieser Parameter, die früher eine künstlerische Position abgrenzten, formt die künstlerische Haltung. Hinter der äußeren Form steht für Max Henry das "Eine", das er nur andeutet, auch mit Hilfe Ezra Pounds: "Et in arcadia ego"?
SchmerzAL FADHIL & AISSA DEEBI, My Dreams Have Destroyed My Life. Some Thoughts on Pain, 29.04. – 26.06.2011, Art Laboratory BerlinWie den persönlichen Schmerz und Verlust künstlerisch verarbeiten? Art Laboratory Berlin zeigt Werke zweier Künstler, die hier ihre schwierige Biografie zum Ausgang ihrer Kunst nehmen: Verlust der Heimat und Identität im Exil, Verlust von Familienangehörigen, Verlust eines sinnvollen Lebensweges – der Schmerz überlagert das Poetische, das den Kunstwerken durchaus innewohnt. Das Biografische bleibt im Vordergrund: Ausführliche Texte der Künstler informieren über Fakten und Details des persönlichen Schicksals. Überwiegt der Schmerz, die Wut, ist es verständlich, nicht von der Person zum Allgemeinen zu abstrahieren. Doch ist das nicht eine Eigenschaft der Bildenden Kunst? Kunst wird hier zum Übermittler einer persönlichen Botschaft, die für Außenstehende nur fragmentarisch nachzuvollziehen ist. Es bleibt ein farbiger Eindruck des Schmerzes.
ChoreographiePress Releases, 21.05. – 02.07.2011, Ausstellungsraum Essays and Observations, BerlinSusanne Kohler, Maureen Jeram, Geoffrey Garrison, Vajra Spook, Paul McDevitt, Declan ClarkeDie Galeristen wurden Choreographen, das Ausstellungkonzept zur Choreographie. Im Kopf der Besucher von "Press Releases" hüpfen die Gedanken hin und her. Was war zuerst da? Kunstwerk oder "Press Release"? Text und Werk sind zwar einander zugeordnet, haben aber auf den ersten Blick nichts und auf den zweiten ein wenig miteinander gemein. Das irritiert. Handelt der Text vom Kunstwerk oder nicht? Als "Press Releases" getarnt, liegen die Texte an der dafür üblichen Stelle aus. In dieser Funktion sind sie nicht zu gebrauchen, denn Künstlernamen, Ausstellungstitel und Ort sind durch XYZ, XXX und ZZZ ersetzt. Auch sind die Texte irritierend eigenständig. Sind sie Kunstwerke? Texte und Kunstwerke sind für sich vielschichtig. Als Partner werden sie noch vielschichtiger. Eine Ausstellung über Kunstrezeption und Ausstellungmachen.
DazwischenGroup Show, 10.06. – 31.07.2011, Galerie Neu, BerlinLukas Duwenhögger, Nick Mauss, Birgit Megerle, Katharina Wulff, Amelie von WulffenMalen oder nicht malen – das ist hier die Antwort. Die "Group Show" umkreist das Medium Malerei, ohne ihm zu gefährlich nah zu treten. Amelie von Wulffen zeigt Malerei, aber Retro-Aquarelle, die sich in Form und Motiv von der Malerei abheben, die sich heute auf Kunstmessen verkauft. Lukas Duwenhögger malt, zeigt in der Ausstellung aber einen Film. Katharina Wulff malt, zeigt im Hauptraum der Ausstellung aber ein Glasfenster. Birgit Megerle malt, zeigt in der Ausstellung aber Kleider und Fotografien. Dieses Ausweichen in verwandte Nachbardisziplinen ist eine Antwort auf die zeitgenössische Kunstkritik, bei der sich die Lager (noch) so unterscheiden: Die politisch tendenziell konservativen Traditionalisten loben Malerei, während die politisch tendenziell linken Avantgardisten sie als rückwärtsgewandt verdammen. Die "Group Show" sucht einen Raum zwischen den Fronten.
TranslationsSUNAH CHOI, 17.06. – 27.08.2011, Galerie Cinzia Friedlaender, BerlinEinerseits Minimal Art, andererseits Alltägliches von der Straße. Zwei Absperrgitter stehen im Ausstellungsraum. An ihnen sind Papierstreifen und Bänder in den Farben Rot, Grün, Gelb befestigt. Die Papierstreifen erinnern formal an die Spuren abgerissener Plakate und Zettel im Straßenraum. Beim genauen Hinschauen wird aber deutlich, dass sie sorgfältig beschnitten und auf den Gitterstäben arrangiert wurden. Das Gitter bietet so mehrere Minimal Art-Detailbilder, bei denen sich Gitterstruktur und Farbstreifen ergänzen. Sunah Choi übersetzt das im Straßenraum vorgefundene Bild in die Minimal Art. Sie übersetzt auch die flüchtige, aggressive Geste aus dem Straßenraum in die sorgfältige künstlerische und kunsthand-werkliche Handlung des Kunstraums. Diese Übersetzung des Alltäglichen in Minimal-Art-Kompositionen nutzt sie häufig bei ihrer künstlerischen Arbeit.
DimensionØYSTEIN AASAN, Solo-Show, 30.04. – 04.06.2011 (bis Ende Juni verlängert), PSM Gallery, BerlinDie zeitgenössische Kunsttheorie fordert in der Regel von der Kunst, dass sie über ästhetische Fragestellungen hinaus geht und sich um gesellschaftliche Bezüge bemüht. Um 1920 waren ästhetische und gesellschaftliche Fragen nicht nur kein Gegensatz: Ästhetische Lösungen beförderten die gesellschaftliche Veränderung. Denn neue Architektur- und Designformen, die sich industriell fertigen ließen, verbesserten den Lebensstandard für die "Masse". Das moderne Design war eine Vision der demokratischen, durchlässigen Gesellschaft. Aasan belegt das zentrale Gittermotiv seiner Ausstellung mit fotografischen Quellen um die Klassische Moderne. Er dockt seine Installation an dieser Epoche an und visioniert ihr ästhetisches Funktionieren als gesellschaftliche Relevanz. Zumal die Vision von damals heute ästhetische Banalität ist (Hochhäuser, Baumarktprodukte).
NarrationAGNIESZKA SZOSTEK, Firma, 18.06. – 30.07.2011, Galerie Ben Kaufmann, BerlinDer vordere Galerieraum ist extrem gut einsehbar. Er erlaubt den flüchtigen Blick aus dem vorbei fahrenden Auto. Meist hängt Malerei nur im hinteren, nicht einsehbaren Raum. Szostek aber hat ihre großformatigen Gemälde in den vorderen Raum gehängt. Ihre stark reduzierten Bildmotive variieren innerhalb des gesteckten Rahmens. Jedes der Motive zitiert einen anderen Bedeutungszusammenhang und Stil: Logo, Abstrakte Malerei, Jugendstil, Ornament. Der Malerei Szosteks geht gestaltende Suche am Computer voraus, wo sie visuelle Zeichen mit kunsthistorischen Vorlagen und alltäglichen Gegenständen verbindet. Einzelne Elemente setzen sich im Mix durch und geben dem Bild seine spezifische Wirkung. Szosteks Kunst präsentiert sich selbstbewusst unironisch und verknüpft narrative, assoziative Elemente mit formalen aus der Kunstgeschichte.
EntstaltungIAN LAW, Add a description, 10.06. – 30.07.2011, Galerie Plan B, BerlinMalerei mit der Waschmaschine. Ian Law wusch Papier zusammen mit roten T-Shirts. Jetzt liegen rotbräunliche Papierklumpen am Eingang des Galerieraumes auf dem Boden und weiter hinten die gefalteten rosa T-Shirts. An der Wand hängen gefärbte grünliche Tücher. Auf den Tischuntergestellen liegen Leinwände wie Tischplatten. Sie sind weiß und leer bis auf die wenigen Stellen, an denen kurze, meist handschriftliche Texte stehen. Diese Ausstellung spricht von Malerei und traditioneller Kunst und negiert im gleichen Atemzug ihre Anwesenheit. So spricht sie von der Abwesenheit. Das Faltblatt zur Ausstellung hat auf der Rückseite einen extrem dünn und klein gedruckten englischen Text zur Kunsttheorie. Dieser handelt von "Decreation". Die Dekonstruktion ist die Herstellungsweise der meisten ausgestellten Exponate und das Ziel der Präsentation.
RecyclingFLACA / TOM HUMPHREYS, 09.07. – 11.09.2011, Portikus, Frankfurt am Mainmit Will Benedict, Karla Black, Michael Beutler, Henning Bohl, Jana Euler, Ellen Gronemeyer, Claire Hooper, Paul Lee, Laure Prouvos, Nora Schultz, Lucie Stahl, Sue Tomkins, Alexander WolffDer Geist der "Flaca"-Ausstellungen von 2003 bis 2007, das Miteinander von Künstlern und Gastgeber-Kurator-Künstler Tom Humphreys in dessen Londoner Wohnhaus, ließ sich nicht in eine Flasche sperren und beim Portikus frei lassen. (Wenn auch einige Kunstwerke durch Raum und Zeit gereist sind.) So erklärt sich aber das kuratorische Konzept. Und so lenkt die Ausstellung den Blick auf die Kommunikation mittels Kunst, die Künstler heute untereinander zelebrieren. Darauf weisen im Sommer 2011 auch die Beiträge einzelner historischer und aktueller Berliner Ausstellungsinitiativen für "based in Berlin" hin. Denn aus der Not, dass wenige Künstler von etablierten Institutionen entdeckt werden und sich hauptsächlich Künstler für Kunst interessieren, wuchs (wieder einmal) die Tugend der alternativen Ausstellungsformen.
ImaginationSONIA LEIMER, uns so weiter, 10.06. – 07.08.2011, basis, Frankfurt am MainDie Concept Art veränderte den Kunstbegriff: Die Anweisung für die Herstellung des Kunstwerks, die Beschreibung, wurde zum eigentlichen Kunstwerk, das auch dann bestand, wenn die Beschreibung nicht ausgeführt wurde, da die Imagination das Visuelle nachreichen kann. Ein radikal philosophisches Konzept, das einige Zeit wirksam wurde, dann aber bei den vielen anderen künstlerischen Konzepten "abgelegt" wurde. Eine melancholisch-ironische Variante dieses Konzepts präsentiert Sonia Leimer, indem sie Rudolph Heintzes Brief groß an die Ausstellungswand schreiben lässt. Dieser beschreibt ausführlich sein inzwischen abgebautes Kunstwerk, das einst im öffentlichen Raum stand. Ein Video zeigt den staatlich eingelagerten Stapel Kunst. Das Kunstwerk besteht nur noch in Beschreibung, Stapel und Imagination. Im Grunde eine radikale Präsentation von Kunst.
LeistungBased in Berlin, 08.06. – 24.07.2011, Atelierhaus Monbijoupark, KW Institute for Contemporary Art, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, Neuer Berliner Kunstverein n.b.k., Berlinische Galerie80 KünstlerWas ist der Sinn von 'Leistungsschauen', 'Rundgängen', 'Offenen Ateliers' und anderen Mammutveranstaltungen? Dass das Publikum sie mag. Für die Künstler bedeuten sie Kompromiss: mangelnde Räume mit durcheilenden Besuchern. Based in Berlin wird gut besucht, auch von Touristen. Die 5 über die Stadt verteilten Orte bieten unterschiedliche Ausstellungsqualität. In der Berlinischen Galerie zeigt nur ein Künstler in mehreren Räumen seine humorvolle Installation. Der Hamburger Bahnhof mit großzügiger Fläche für eine Handvoll Künstler und Besucher hinterlässt die Wirkung einer wichtigen Kunstschau, und die Präsentation in KW und NBK ist ausreichend oder gut. Im Atelierhaus Monbijoupark dagegen drängen sich Kunst und Besucher. Umso mehr ist der vom 'Autocenter' bespielte Raum zu loben: Auf kleinstem Platz präsentiert sich das dichte kuratorische Statement Max Henrys.
ParaventLe Bal des Débutants, 01.07. – 06.08.2011, Galerie Klemm's, Berlinmit Luc Chopplet, Pierre Descamps, Mikael Dufresnes, Fanny Durand, Florian Fouché, Jean-Charles de Quillacq, Christophe Lemaitre, Jan Kopp, Maxime Thieffine, kuratiert von Le Bureau: Marc Bembekoff, Garance Chabert, Aurélien Mole, Julie Pagnier, Céline Poulin, Emilie VillezDas Kuratieren setzt die künstlerische Arbeit in der Ausstellung fort. Es kann zu einer eigenen Kunstform werden, indem dessen Techniken experimentell hinterfragt werden. Die Gruppe 'Le Bureau' vereinbart für ihr kollektives Kuratieren vorab Regeln. Hier u. a. das Verwenden von Trennwänden, die ein Moment der Überraschung für die Besucher ermöglichen sollen. Die Kunstwerke verbinden sich mit den Trennwänden und verändern sich durch die Erweiterung. Dies entspricht der offenen, beiläufig wirkenden Gestaltung der Kunst. Der Galeriekontext wird durch die Trennwände ausgehebelt, wirkt 'under construction'. (Ein Passant fragt, ob die Ausstellung gerade aufgebaut werde.) Die Paravents sind ein starker kuratorischer Eingriff. Sie dominieren die Ausstellung. Die Kunstwerke müssen mit ihnen in Interaktion treten.
ZeitgeistThe Art of Narration changes with Time, 08.06. – 10.09.2011, Galerie Sprüth Magers, Berlinkuratiert von Gigiotto Del Vecchio, mit Peter Coffin, Moyra Davey, Thea Djordjadze, Alex Hubbard, Rosalind Nashashibi, Joao Maria Gusmao, Pedro Paiva, Margaret Salmon, Oscar Tuazon, Klaus WeberLeinwände, Fotografien, Skulpturen, Installation, Videos – alles da, sachlich, aufgeräumt, zurückhaltend. Nichts Besonderes? Thema ist die Wechselwirkung von Zeit und Erzählung, die Gigiotto Del Vecchio in seinem assoziativen, fast poetischen, in der Aussage ungreifbar bleibenden Text beschreibt. Del Vecchio deutet mehrere Lesarten des Titels an. Es gilt, den Moment zu packen, wo Zeit und Erzählung unerwartet und überraschend verändert werden können. Das sagt genau genommen nichts aus. Man könnte es auch mit "Zeitgeist" umschreiben. Das allgemeine Thema erlaubt aber die Kombination arrivierter Künstler mit unterschiedlichen Positionen, bei denen es sich lohnt, tiefer zu schürfen. So gelingt der Schau die Balance zwischen übergreifendem Thema, aktueller Position und individuellen Exkursen. Die künstlerischen Positionen bekommen in dieser Gruppenausstellung ihren Raum.
GeisterbahnGeheimgesellschaften - Secret Societies, 23.06. - 25.09.2011, Kunsthalle Schirn, Frankfurt a. M.kuratiert von Cristina Ricupero und Alexis Vaillant (Paris), mit Abel Auer, Art & Language, Dan Attoe, Armin Boehm, Enrico David, Kaye Donachie, Tim Ellis, Gretchen Faust, Uwe Henneken, Jenny Holzer, Joachim Koester, Terence Koh, Elad Lassry, Fabian Marti, Goldin+Senneby, Markus Schinwald, Ulla von Brandenburg, Carl Michael von Hausswolff und Michael Esposito, Cerith Wyn Evans, Lisa Yuskavage und anderenHistorisierend, rätselhaft, mystisch, esoterisch versammeln sich Kunstwerke vor auffälliger Kulisse: Neongelbe Wände oder halbdunkle Räume. Den Kunstwerken "steht" die Präsentation, aber sie hätten sie nicht nötig gehabt. Im White Cube hätten sie ihre Wirkung ebenso entfaltet. Hier illustrieren die Kunstwerke aber die These vom Geheimbund. Da wird das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, die Aussage durch zu viele Ausrufezeichen verwässert: Gerade das subtile Spiel der heutigen Kunst wird unmöglich. Die Kuratoren greifen die Täuschung und Vielschichtigkeit heutiger Kunst auf und potenzieren dies zur eindimensionalen Aussage. Das mag für einen Teil des breiten Schirn-Publikums sinnvoll sein, weil auch der kunstferne Besucher etwas zu schauen findet. Für die Kunst macht diese Inszenierung, die nur verstärkt, was schon ist, keinen Sinn.
SuspenseGeheimgesellschaften – Secret Societies, Kunsthalle Schirn, Frankfurt a. M.The Art of Narration changes with Time, Galerie Sprüth Magers, BerlinThe Cannibal’s Muse II, Autocenter on location "Based in Berlin"
Drei Ausstellungen zeitgenössischer Kunst von drei Kuratoren diesen Sommer. Trotz unterschiedlicher Thesen gibt es eine Schnittmenge der ausgewählten Kunst, die man unter das Motto stellen könnte: Nichts ist so wie es scheint. Trompe-l'œil, Mimikry, Zitat – die Kunstwerke erschließen sich nur mit intellektueller Arbeit. Sie nutzen die traditionellen Formen Malerei, Skulptur, Installation, Video. Doch der flüchtige Blick täuscht: Hinter der gewohnten Fassade verbirgt sich eine ungewöhnliche Idee oder Machart. Dieses Merkmal zeitgenössischer Kunst griffen die Kuratoren auf und interpretierten es mit ihren Ausstellungsideen. Sonst sind die Ausstellungen unterschiedlich, nicht nur in Bezug auf Ort, Institution und Marktlevel. Das besondere Präsentieren nach einem visuell kommunizierenden Konzept prägt zunehmend Einzel- und Gruppenausstellungen.
LügnerIch bin der Welt abhanden gekommen. Karl May – Live-Hörspiel mit Oliver Augst / John Birke / Marcel Daemgen, 9./10./11.12.2011, Atelierhaus basis, Frankfurt am MainOliver Augst, John Birke, Marcel Daemgen sitzen in einer Reihe. Vor sich Mikrofone, Laptops und Plattenspieler. Im Atelierhaus basis gibt es ein Tonstudio aus Landesbildstelle-Zeiten. Ein "Live-Hörspiel" wird hier an drei Abenden öffentlich aufgenommen. Es gibt digitale Tonkonserven, Schallplatten, Musikinstrumente, Verabredungen per Skript. Was aber exakt wann stattfindet, wird spontan entschieden. Motor ist der Text Birkes. Der Text eint O-Töne Karl Mays, mit Texten über ihn, samt eigenen Texten Birkes. Live und Konserve mischen sich, Stimmen der Sprecher überlagern sich ebenso wie die Sichtweisen auf Karl May, der sich seine Welt erfand, weil er mit der wirklichen Welt nicht zurechtkam. Was ist Lüge, was wahr? Hat Karl May ein "Ave Maria" komponiert, damit Winnetou zum Christ werden kann?
Ben KaufmannInterview Ben Kaufmann am 20.12.2011, Galerie Ben Kaufmann, BerlinAm 20.12.2011 spreche ich mit Ben Kaufmann in seiner Galerie. Anlass ist, dass seine Galerie, die ich sehr geschätzt habe, zum Jahresende geschlossen wird. Intensiv und ausführlich legt Ben Kaufmann seine Intentionen für Gründung und Aufbau seiner Galerie dar, beschreibt die neuen Formate, die er gegen Ende seiner Arbeit kreierte, um die herkömmliche Tätigkeit des Galeristen zu erweitern, sowie die Gründe für die Schließung der Galerie. Roter Faden des Gesprächs ist Ben Kaufmanns Haltung zum Leben und der Kunst, die sich gerade auch aus der Auseinandersetzung mit meinen Thesen und Fragen heraus schält. Ben Kaufmann beschreibt, wie er seine Rolle als Galerist empfunden hat. Zu diesem Interview erscheint in Kürze ein weiterer Beitrag, der die Leistungen der Galerie in den Kontext der Kunstentwicklung einordnet.
SitzenMARTIN BOYCE / LASSE SCHMIDT HANSEN im Gespräch mit Renate Wiehager, Conceptual Tendencies 1960s to Today. Werke der Daimler Kunst Sammlung, 12.01.2012, Daimler Contemporary, Haus Huth, BerlinMartin Boyce ergreift dynamisch das Wort und würzt den Vortrag über seine künstlerische Arbeit mit britischem Humor. Wir erfahren, dass der Keim für den gerade erhaltenen Turner-Preis bei einem Stipendien-Aufenthalt in Berlin gelegt wurde. Boyce beschäftigte sich – ausgehend von den Skulpturen der Brüder Martel, die in den 1920er Jahren in Beton gegossene Bäume in den öffentlichen Raum platzierten – selbst mit dem Baummotiv und verband dies später mit einer selbst entwickelten Schrift. So entstanden variationsreiche skulpturale Elemente: Gitter, hängende Skulpturen, "Tische", Bodenplatten (Skulpturenprojekt Münster 2007), aus denen Boyce für seine prämierte Installation schöpfte. Thema all dieser Elemente: Kunst imitiert Natur. Das Publikum sitzt auch auf den Steinen von Boyce' Installation, was nicht so geplant war. Boyce ist bereits der zweite Redner.
MaterialA Material World, 14.01. – 18.02.2012, PSM Gallery, Berlin mit Carsten Nicolai, Niko Princen, Katarzyna Przezwanska, Florian & Michael Quistrebert, Olve Sande, Timur Si-Qin, kuratiert von Carson ChanImmaterialität, Information kontrastiert mit sinnlicher Materie: In 'A Material World' versammelt Kurator Carson Chan Statements zu unserer sich verändernden Wahrnehmung der Dinge im Zeitalter des Internet. Eine riesige goldblaue "Fahne" mit Fransen und Lochmuster aus Leinwand hängt im gelbgekachelten Nebenraum als Verweis auf materielle Verlockungen, die Madonnas titelgebender Song verheißt. Im (wieder einmal) dunklen Hauptraum Google Street View-Impressionen als Symbol für eine Internetwelt. Bodenfugen sind mit fluorisierender Farbe gefüllt. Bodennahe Projektionen zeigen ästhetische physikalische Lichtspiele. Diesen immateriellen Werken sind wenige materielle entgegengesetzt: Eine mittelhohe installative rechteckige Skulptur, an einem Podest eine Tasche mit schweren Steinen vom Ostseestrand. Die sparsam gesetzten Arbeiten, Leere und
UnseenJAN PETER HAMMER, The Fable of the Bees, 13.01. - 11.02.2012, Supportico Lopez, Berlin'That which is seen and That which is unseen' heißt das Kunstwerk, das am stärksten im Kopf haften bleibt, weil man es nicht sehen muss, um es zu konsumieren. Das, was man dann sieht, ist nicht das, um was es geht: Der Mann mit grauen Haaren setzt sich an den schlichten Bürotisch vor seine hellgraue, kleine Kasse, vermeidet den Augenkontakt und fühlt sich sichtlich unwohl. Er ist Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes. Seine Tätigkeit heute Abend: Eine Parabel des Kapitalismus verkörpern. Er bewacht das Geld, mit dem er am Ende entlohnt wird. Er ist Sklave seines Lohns. Seine Individualität ist für den Job sonst und auch jetzt unwichtig. Er darf auch nicht fotografiert werden. Der Titel des Kunstwerks bezieht sich auf Maximen unseres Wirtschaftssystems, lässt sich aber auch auf die künstlerische Vorgehensweise beziehen: Als abstraktes Sprachbild funktioniert es auch. Stark.
Schwarz-weißOKWUI ENWEZOR / MONA HATOUM im Gespräch im Rahmen von MP6, Meeting Points, Contemporary Art Festival from the Arab World, 14.01.2012, Haus der Kulturen der Welt, Berlin'Zivilgesellschaft und Kunst' – eigentlich sollte dies Thema des Vortrags werden. Ob das Thema verfehlt oder doch eingelöst wurde, ist Ansichtssache oder zeigt das 'weite Feld', das die Pole 'Kunst' und 'Politik' markieren. Okwui Enwezor schätzt an der Kunst Mona Hatoums besonders die politische Bedeutung ihrer Kunstwerke. Hatoum beantwortet Enwezors Fragen nach der Entstehung ihrer 'politischen' Kunstwerke mit privaten Gründen, die sich außerdem aus der aktuellen Situation ergaben, nicht aus einem übergeordneten Plan. Parallel zum Gespräch werden Schwarz-weiß-Fotos von Hatoums Performances aus den späten 1970er und frühen 1980er Jahren hinter die Diskutanten projiziert. Diese Performances zeigen eine radikale Bildsprache, die durch die schwarz-weiße Dokumentation noch unterstrichen wird.
GruppenstrukturTEXT TEXTILE TEXTURE, 10.03. – 18.04.2012, Galerie Barbara Weiss, Berlinmit Monika Baer, Thomas Bayrle,
Geta Brătescu, Ayșe Erkmen, Friederike Feldmann, Christine & Irene
Hohenbüchler, Jonathan Horowitz, Jim Isermann, Jennifer Jordan, Ivan
Morley, Rebecca Morris, Susanne Paesler, Mai-Thu Perret, Rosemarie
Trockel und Suse Weber
"Text
Textile Texture" – mit diesem Titel und der Künstlerauswahl eröffnet
die Galerie Barbara Weiss, Berlin, einen weiten Assoziationsraum. Der
neuerwachte künstlerische Seitenblick auf politische Prozesse, das zarte
Revival der 1970er Jahre in Kunstausstellungen, die immerwährende Suche
nach unverbrauchten Materialien für Kunstwerke: Die Gründe für die
Verwendung von textilen Materialien im aktuellen Kunstkontext sind
vielfältig. Stoff ist ein weiches, warmes, passives Material und deshalb
bestens geeignet, soziale, organische Prozesse zu symbolisieren (oder
gar zu befördern, wie bei den "Werksätzen" von Franz Erhard Walther).
Texture oder Struktur, ein weiterer Bestandteil des Titels, ist ein
wichtiger Begriff der Soziologie und damit natürlich auch der 1970er
Jahre. Die Gemeinsamkeit des Webens und Strukturierens von Text und
Stoff ist offenkundig. Nun handelt es sich um eine Gruppenausstellung,
auch diese ein Gewebe mehrerer Künstlerpositionen. Keine der folgenden
Aussagen trifft jeweils auf alle Arbeiten zu. Doch bilden sich
Schwerpunkte.
Off-Space"Perspektiven der Berliner Off-Spaces", 14.04.2012, Diskussions veranstaltung, organisiert durch den Förderverein "Freundeskreis AUTOCENTER e.V." , mit: Dr. Heike Fuhlbrügge (Souterrain), Sonja Ostermann (Essays and Observations), Oliver Koerner von Gustorf (September), Moderation: Dominikus Müller (frieze d/e), Autocenter, Berlin
Einig waren sich die Galeristen, dass sie aus ihrer Arbeit einen ideellen Gewinn ziehen können, jedoch keinen materiellen. Positiv wird die Möglichkeit gewertet, kunsthistorische Berufserfahrung zu sammeln (Dr. Fuhlbrügge) oder praktischen künstlerischen Austausch zu betreiben (Ostermann). Finanziell sind die Offspaces aber nicht lukrativ; selbst die Unkosten kommen normalerweise nicht herein. Die Galeristen müssen drauf zahlen: für Miete, Werbung (z.b. einem Eintrag im "Index"). Dennoch kann ein Offspace billiger arbeiten als eine Galerie, wie Koerner von Gustorf herausstellt, der "September" zuerst als Galerie betrieb und nun im Offspace- Format weiter machen möchte, um mehr Freiheiten für seine Arbeit zu erhalten.
FireLETIZIA CALORI & VIOLETTE MAILLARD, Interview (in English): Fire, 10. – 12.02.2012, Rundgang der Staatlichen Hochschule für Bildenden Künste, Städelschule, Frankfurt am Main
Letizia Calori & Violette Maillard arbeiten seit zwei Jahren
gemeinsam. Sie teilen alle Arbeitsschritte von Idee über Konzept bis hin
zur Umsetzung. Für den Rundgang der Städelschule haben die
Gaststudentinnen aus der Klasse Tobias Rehberger die Installation "Fire"
konzipiert. Die besticht durch klare Form ohne Langeweile. Diese
Klarheit erlaubt es, Emotion mit Philosophie zusammen zu bringen. Fire
ist eine Art konstruktiver Wigwam, der aus Holzdreiecken außen und rotem
Stoff innen besteht. Fire kommt chic daher wie ein Designmöbel und
entpuppt sich dann wild in seiner Bedeutung als Feuer. Letitzia und
Violette erzählen über Ideen und Arbeitsschritte.
Sozialplastikfrom the sea through the city to the country, 24.05. – 27.05.2012, Kreuzberg Pavillon, Berlinmit Mourre Frais, Undine
Goldberg, Jennifer Jordan, Giovanni Lami, Stefan Müller, Jens Nippert,
Viviane Robin, Giovanna Sarti, Giorgia Severi, Jelena Trivic, Alessandro
Vitali, Klaus Winichner, kuratiert von Giovanna Sarti
11 Künstlerinnen und Künstler zeigen ihre Arbeiten in der von
Giovanna Sarti zusammen gestellten Ausstellung. 3 Künstlerpaare und
weitere Weggefährten von Sarti, die an der Städelschule (Hochschule für
Bildende Künste Frankfurt am Main) studierte und später nach Berlin
ging. Im Moment pendelt sie zwischen ihrem Heimatland Italien und
Berlin. Sarti hat bereits in Frankfurt am Main eine Ausstellungsreihe in
ihrem Atelier kuratiert und mit dem Katalogfolder "blattspezial" ein
neues Format für künstlerische Zusammenarbeit ausprobiert (http://www.blattspezial.org/). Die meisten der ausstellenden Künstler sind aus Berlin, einige von Ihnen haben die Berliner
documenta (13): ConfusionPressekonferenz mit Geschäftsführer Bernd Leifeld, Kasseler Oberbürgermeister Bertram Hilgen, Ministerin für Wissenschaft und Kunst Eva Kühne-Hörmann und Documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev
documenta (13): ErleuchtungWittgenstein Goes Classic (Performance): Wittgenstein Compositions, M.A. Numminen (Kompositionen, Gesang), Mia Huhta (Sopran), Quintet Defunensemble, 07.06.2012, 18.00
Tanz und TeppichNoa Eshkol, Wall Carpets, 20.11. - 23.03.2014, Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen, RüsselsheimDie Israelin Noa Eshkol lebte von 1924 bis 2007. Als Tänzerin und Choreographin setzte sie sich in den 1950er Jahren mit der internationalen Tanzentwicklung auseinander und begründete eine Tanztheorie. Sie war in der Tanzszene international bekannt, aber kein Massenstar. Eshkols Wandteppichproduktion blieb von der Kunstszene so gut wie unbeachtet. Was fasziniert heute an der künstlerischen Persönlichkeit Eshkols? Noa Eshkol, deren Arbeiten gerade in einer Ausstellung in Rüsselsheim gezeigt werden, verfolgte als Tänzerin und Choreographin einen anderen künstlerischen Weg als mit ihren Wandteppichen. Eshkols Kunstformen "Tanz" und "Teppich" ergänzen sich wie zwei Seiten einer Münze. Dank des Revivals der Klassischen Moderne samt "Gesamtkunstwerk" wirkt die Kombination von Tanz und Wandobjekt zeitgemäß und interessant.
Solid Signs. New Frankfurt Internationals (FKV)Solid Signs. New Frankfurt Internationals, 23.01. - 26.04.2014, Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Main (und Nassauischer Kunstverein Wiesbaden)Markus Walenzyk, Simon Speiser, Jonas Weichsel, Daniela Kneip Velescu, Christiane Feser, Helena Schlichting, Florian Albrecht-Schoeck, Jessica Sehrt, Khaled Barakeh, Pia Linz, Bianca Baldi, Valentin Beinroth, Gunter Deller, Michel Klöfkorn, Dorothee Diebold, Johanna Kintner, Att Poomtangon, Florian Haas, Helga Schmidhuber, Emilia Neumann, Vytautas Jurevicius
Solid Signs. New Frankfurt Internationals (NKV)Solid Signs. New Frankfurt Internationals, 23.01. - 26.04.2014, Nassauischer Kunstverein Wiesbaden (und Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Main)Tracer, Anne Imhof, Sofi Zezmer, Simon Fujiwara, Pennacchio Argentato, Andrew de Freitas, Stefan Stark, Özlem Günyol & Mustafa Kunt, Jessica Sehrt, Sandra Kranich, Carolin Liebl & Nikolas Schmid-Pfähler, Alfred Boman, Jagoda Bednarsky, Genoveva Filipovic, Lucie Stahl, Raphaela Vogel, Kristallo, Jol Thomson, Benjamin Patterson, Bernhard Schreiner, Michel Klöfkorn, Vytautas Jurevicius, Romuald Karmakar
Site-specific Research Symposium 60 Jahre DocumentaSite-specific Research Symposium 60 Jahre Documenta, 17.- 18.07.2015, Kassel17.07.2015, 10:10 - 10:40, Begrüßung, Einführung / Welcome, Introduction,· Aquarell / watercolour, 17 x 24 cm Die Situation. Der Raum – bekannt von den documenta-Ausstellungen – ist monumental und karg. Das Licht gedämpft. Durch die Beleuchtung werden Schatten an die Wände projiziert. Die Vorträge. Einführende Worte, später: Beschreibungen, Annäherungen. Wie Einführungen so sind (aber das bleibt auch so.) The situation. The space is monumental and austere. You know this room from the documenta exhibitions. Dimmed lights. Tender shadows on the walls. The lectures. Introductory remarks, later descriptions, approximations. Typical introductions (but it does not change later.)
Site-specific Research documenta 14, AthensSite-specific Research documenta 14, April 6-9, 2017, Athens
Site-specific Research re:publica 17, BerlinSite-specific Research re:publica 17, May 8-10, 2017, BerlinSite-specific research: I produce logs, abstracts, scetches and notes. #rp17 What is "Framing"? I learned it from Elisabeth Wehling (Die Macht der Sprachbilder - politisches Framing und neurokognitive Kampagnenführung, re:publica 17, 08.05.2017, 16:00-17:00, Stage 1) The "Framing" of the re:publica 2017: colourful, playful, artistic, happy, maybe a little, little bit childish. The speakers are framed with colourful boxes, spatially placed. They look like big canvases but they are screens. They remind me of my own exhibitions with canvases spatially placed in the middle of rooms. The speakers stand in front of big projection screens. It is dark with pink and yellow light spots. They create shades of light. My brush shadows light pink or green shades on my white paper. The "Framing" of re:publica 2017 is like a water colour by itself.
Site-specific Research ImprovisohriumSite-specific Research Improvisohrium, ab 28. März 2017, WiesbadenDas Improvisohrium ist eine offene Bühne für improvisierte Musik. Es findet statt jeden letzten Dienstag im Monat im KunstHaus am Schulberg in Wiesbaden. Man kann teilnehmen oder einfach nur zuhören.
Site-specific Research documenta 14, KasselSite-specific Research documenta 14, June 7-9, 2017, KasselAthens and Kassel are documenta-14-siblings. So you get the possibility
Spektral-WeißSpektral-weiß. Die Erscheinung kolonialzeitlicher Europäer*innen, HKW – Haus der Kulturen der Welt, 01.11.2019 – 06.01.2020Nichts ist so wie es auf den ersten Blick scheint. Auch Weiß vereint in sich die Farben des Regenbogens. Denn die hier ausgestellten Skulpturen und Objekte, die Zeichnungen, sind nicht einfach so Zeugnisse eines fernen Kontinents ...
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